Das TRABI Diskussionsforum ARCHIV


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Autor Thema: eine kleine Notiz aus dem Geschichtsunterricht
standard

Beiträge: 19.357
Registriert am: 26.01.2002


Diese Ausbürgerung war ein riesengroßer Fehler - manche sehen darin sogar den Anfang vom Ende... Das war jedenfalls eine völlig unnötige Überreaktion auf einen ziemlichen Spinner - als den ich selber Biermann nach wie vor ansehe. Oberdrein heutzutage auch noch ein Opportunist, wie man hier: www.maerkischeallgemeine.de/cms/beitrag/10816430/63369/1#seitenliste ggf. nachlesen kann. Zitat: "Mir reicht eine mausgraue Demokratie" - sagt wohl alles...
Aber da steht der gute Mann eigentlich in einer Reihe mit den allermeisten der sogen. Bürgerrechtler von damals - die sind allesamt entweder etabliert (selten) oder (meist) lautlos in der Versenkung verschwunden, keine kritische Stimme mehr zu vernehmen aus dieser Richtung (obwohl es doch heutzutage durchaus auch noch den einen oder anderen Anlaß dazu gäbe... )

[Bearbeitet von standard (13-11-2006 - 17:46)]

Deluxe

Beiträge: 14.007
Registriert am: 13.12.2001


Tja - das gehört zu den üblen Erscheinungen der sogenannten "Wende".

All die Systemkritiker (dagebliebene wie ausgebürgerte, ausgereiste und ausgerissene) haben VON der DDR gelebt. Ihr verdanken sie ihren Bekanntheitsgrad, ihr Heldenepos und ihr Selbstverständnis vom Rächer der vermeintlich Benachteiligten. Ich lass das jetzt mal genau so überspitzt stehen...

Sie haben auch die Basis für die friedliche Revolution 1989 gelegt, was man ihnen mehr oder weniger hoch anrechnen kann.
Leider waren die Ideen von der reformierten DDR und dem menschlichen Sozialismus mit dem Straßenvolk nach dem November 1989 nicht mehr zu machen. Verständlich einerseits, nach Jahrzehnten der Lethargie.
Voraussehbar andererseits. Wenn man schon zum intellektuellen Kritikerkreis gehörte, so hätte man dieses doch voraussehen können - oder sogar müssen. Es konnte kein besserer Sozialismus kommen. Die Menschen wollten das goldene Kalb - den Kapitalismus in den Farben der (Fernseh)-Bundesrepublik. Und den haben sie auch bekommen. Mit allen Vor- und vor allem Nachteilen.

Das Ergebnis:
Die ganzen ehemaligen Bürgerrechtler sind bis auf wenige Ausnahmen (Platzeck, Lengsfeld z.B.) weg vom Fenster. Vom politischen Fenster zumindest.
Ihr Epos haben sie sich aber bewahrt - und heute sind so viele von ihnen stumm. Ihre Identität nehmen sie aus der Vergangenheit. "Wir haben gelitten und gekämpft!"
Sehen aber nicht was heute im Lande los ist. Haben jedes Sozialverständnis verloren. "Mausgraue Demokratie" ist Biermann genug. Natürlich, weil es ihm materiell gut geht. Weil er nicht zum "abgehängten Prekariat" gehört, wie es heute so schön heißt.

Und die anderen auch nicht. Sie sind zwar in der politischen, aber nicht in der sozialen Versenkung verschwunden. Es geht ihnen privat gut. Und deshalb sehen sie nicht, welchem Abgrund wir entgegensteuern.

Nur der kann ein Held sein, der Feinde hat. Sind diese Feinde beseitigt, ist das Ziel erreicht, läßt man sich im warmen Sessel nieder und glaubt, alles Erreichbare sei nun erreicht. Und man habe das auch noch selbst vollbracht.
Wie viele dabei untergehen, spielt keine Rolle. Auch eine Art "heiliger Krieg".

standard

Beiträge: 19.357
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"Sie gingen auf die Straße, um einen "menschlicheren Sozialismus" zu erkämpfen. - Bekommen haben sie nun einen recht unmenschlichen Kapitalismus..."
wilhelminus

Beiträge: 1.980
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... ja, der Biermann...

...in früheren Zeiten leisteten sich die Machthaber einen Hofnarren. Der hielt ihnen auf subtile Weise den Spiegel vor...

... die Machthaber in der DDR wollten sich aber keinen Hofnarren leisten - obwohl er sie nichts gekostet hätte...

... verlegt wurden seine Texte ab 1965 in der DDR nicht mehr, also dem hartarbeitenden Arbeiter und Bauern wurde das Geld nicht aus der Tasche gezogen. Seine Tantiemen bezog er aus dem Westen, dort wurde er verlegt...

... er hätte als liberales Feigenblatt herhalten können: "Welt, schau her, was Menschen bei uns sagen dürfen..."
- aber man hatte keinen Humor.

P.S. Ich finde Biermanns Gitarren-Saiten-Gezupfe nur schwer erträglich...
... lieber unvertont...

P.S. zwo: zur tiefergehenden Beschäftigung empfehle ich die Lektüre von:
Manfred Krug "Abgehauen" und
Stefan Heym "Der Winter unseres Mißvergnügens"

standard

Beiträge: 19.357
Registriert am: 26.01.2002


"Ich finde Biermanns Gitarren-Saiten-Gezupfe nur schwer erträglich...
... lieber unvertont..."

Wohl wahr! Musik ist für mich auch was anderes...

Deluxe

Beiträge: 14.007
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Na, da habe ich aber schon weitaus schlimmeres hören müssen. Musikalisch gesehen ist das gar nicht schlecht, was er so macht auf der Gitarre. Eher finde ich seinen Gesang etwas gewöhnungsbedürftig - zuviel pseudokünstlerisches Geschrei dabei.

Übrigens kann ich für mich in Anspruch nehmen, bereits ein komplettes Biermann-Konzert erlebt zu haben. Im Opernhaus zu Chemnitz - vor etwa 10 Jahren. Sonst noch jemand?

[Bearbeitet von Deluxe (16-11-2006 - 19:40)]

das moss

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nein danke, sooo viel Kultur kann auch Überdosis sein....
standard

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Nee danke...
Deluxe

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Vielleicht sollte ich noch erwähnen, daß ich die Karte damals geschenkt bekam und mit der Mutter (!) eines Schulkumpels da war. Mit der war ich überhaupt öfter mal im Theater - irgendwie hatte die öfter mal Karten übrig und mich als des Kulturgenusses würdig befunden...
standard

Beiträge: 19.357
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...oder die war froh, daß überhaupt jemand mitkam!
wilhelminus

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Erstaunlich, schon wieder ist ein Jahr vorüber. Dennoch möchte ich auf die Kumulation historischer Ereignisse am 26. April hinweisen:

1937 - deutsche und italienische Bomber machen die spanische(/baskische) Stadt Guernika dem Erdboden gleich...

1986 - fetter Rummsbumms im Atomkraftwerk Tschernobyl...

2002 - Amoklauf des suspendierten Schülers Steinhäuser am Gutenberg-Gymnasium in Erfurt...

wilhelminus

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... und heute:
Tag der Bereifung, äh Befreiung...
wilhelminus

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... und eine kleine Randnotiz der deutsch-deutschen Geschichte: heute vor 30 Jahren verließ Manfred Krug die DDR.
standard

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...was auch sehr schade war.
Andererseits: sonst hätte es wohl nie "Auf Achse" oder "Liebling,Kreuzberg" u.s.w. gegeben - alles hat eben immer seine 2 Seiten...
Deluxe

Beiträge: 14.007
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Diese Notiz aus dem Geschichtsunterricht habe ich nur offline begehen können - wie so vieles in den letzten (und kommenden) Wochen. Aber bei MDR Figaro gabs ein Kalenderblatt dazu.

Offline, aber totzdem On Air...

wilhelminus

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... und Open Air

icke WES

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@standard,
Dann hätte die Anwaltsserie eben "Liebling Prenzlauer Berg" geheißen
wilhelminus

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... und "Auf Achse" hätte öfters in Bulgarien gespielt - aber nur nicht die Mundharmonike verschlucken
U_N_Bekannt

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Heute vor 45 Jahren: Der Intershop war geboren! Und wie das da gut roch!
standard

Beiträge: 19.357
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Irgendwo habe ich mal gelesen, daß jemand genau diesen Duft synthetisch hergestellt und in Spraydosen angeboten hat. Ob das stimmt?
das moss

Beiträge: 7.651
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das war ein charakteristischer Geruch aus Kaffee, Schokolade und Parfüm.... egal ob in dem kleinen Ding am Rostocker Hbf, dem in Warnemünde oder dem im Warnow-Hotel....

Meine Oma hatte (wenn auch nicht viel) Westgeld!

Waldmoos

Beiträge: 325
Registriert am: 05.01.2006


Ich weiß noch wie ich als Kind mal mit meinen Eltern in den Intershop in Hoyerswerda gegangen bin und mir Milka Schokolade ansehen durfte.

Kaufen war zwecks Devisenmagel leider nicht drin.

Gruß, Waldmoos.

Beppo

Beiträge: 12.828
Registriert am: 01.10.2000


Klein-Beppo stand mal im Intershop der Autobahnraststätte Wilsdruff und beäugte Matchbox-Autos. In dem Moment verkaufte die Verkäuferin grade die letzte Schachtel aus einem Tic-Tac-Ständer, guckte mich an und fragte mich: Möchtest du den leeren Ständer haben?
Und ob ich mochte! Bin ganz stolz zu meinen Eltern gegangen und meine Mutter ist mit mir auf der Stelle zurück zum Intershop, um zu fragen, ob das seine Richtigkeit hat. Hatte es natürlich.
Ich hab dann jahrelang gesammelt, um den Ständer wieder voll zu bekommen - mit leeren Schachteln, wohlgemerkt.

Hat zwar nichts mit Geschichtsunterricht zu tun, aber ist erlebte Geschichte, finde ich.

das moss

Beiträge: 7.651
Registriert am: 20.03.2001


wir stenden damals auf dem Weg zum wettkampf in Walsleben mit gebrochener Kupplungsklaue am W50 mit Bootshänger....

daraufhin haben wir (nachdem wir uns zwischen den unzähligen Tretminen im angrenzenden waldstück erleichtert haben) den Tag damit verbracht den Transiverkehr fachmännisch zu bewerten und den parkenden autos auf die Tachos zu kucken samt Benzingespächen mit BMW-GS-Fahrern zu frönen...

Die haben uns aus Mitleid sogar ne Tüte Nimm2 gekauft die dann (typisch) von den älteren AK huldhaft verteilt wurde.....

Intershops waren immer schin was anderes...

PS: ein Kumpel hat so 1987/88 mal 10,- DM gefunden... das haben wir in Kaugummi, Schokolade und 2 Matchbox umgrsetzt..... was waren ir geschwollen.... im Intershop MIT Westgeld.... *seufz*

Beppo

Beiträge: 12.828
Registriert am: 01.10.2000


Tja, da war Westgeld noch was wert...

Dann kamen Forum-Schecks, dann die DM - und selbst die durften wir nicht lange behalten...

U_N_Bekannt

Beiträge: 1.307
Registriert am: 15.10.2004


Wir hatten ja die Hälfte unserer nicht gerade kleinen Familie "Drüben" und bekamen öfter, versteckt in Waschmittelkartons, Schokoladenpackungen etc., etwas Bares geschickt. Das wurde dann nach "Familienhierarchie" verteilt und ich habe mir von meinen Anteilen meine erste Levis-Jeans zusammengespart. War ich stolz wie Hugo, als ich da reinmarschieren und anprobieren (und dann auch kaufen!) konnte und nicht nur mal eben vom letzten Klimpergeld der Großen einen Kaugummi bekam...
trabiheizer

Beiträge: 561
Registriert am: 18.04.2005


Ich war anfang der 70er mit ´nem Kumpel mit der Schwalbe in Berlin. Er ist dann wieder nach Hause, ich wollte weiter an die Ostsee trampen, wo mein Bruder gerade im Ferienlager war. Da hat mich in Berlin ein Westdeutscher angesprochen, ob ich tauschen würde. Hab dann 30,- Mark 1:1 getauscht. War fast mein ganzes Geld. Hab dann Zigaretten un Kaugummi im Intershop gekauft. An der 'Ostsee hat mir dann eine Klassenkameradin, die in besagtem Ferienlager in der Küche arbeitete (Ferienjob) 25,- M geliehen. Das reichte für fast 2 Wochen. Ich durfte bei meinem Bruder Im Ferienl. mit essen und schlafen. (kostenlos)- heute unvorstellbar. Bin dann mit allen sogar mit der Bahn mit nach Hause gefahren.- natürlich auch gratis.
Solche Erlebnisse vergißt man glaub ich nie. War wahrscheinlich SO auch nur in der DDR möglich!?
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Noch ´ne kleine Sory:
Wollte mit meinem Motorroller in die CSSR fahren. Bin spät abends los. Es war viel Nebel und da bin ich falsch auf die Autobahn. Plötzlich war die Autobahn beleuchtet. Ich sag zu meinem Kumpel, der mit war, "das ist wenigstens ´ne gescheite Autobahn". Es war aber die Grenze !!!( Eisenach ) Bin dann zu dem Grenzer gefahren und habe erklärt, was Sache ist. Er hat gelacht und uns auf der Karte gezeigt, wo wir sind und wo wie wir zurückkommen. Bin dann irgendwann in der CSSR (Deczin gleich hinter der Grenze) angekommen und hab schöne 2 Wochen auf einem Campingplatz mit festen Hütten verbracht. Der Roller- Berlin, mit Einradanhänger hat übrigens wunderbar durchgehalten.

[Bearbeitet von trabiheizer (16-12-2007 - 06:53)]

Deluxe

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Muß man aber auch drauf haben...

In die CSSR wollen aber an der Grenze in Eisenach rauskommen...wo seid ihr denn auf die Autobahn aufgefahren???

trabiheizer

Beiträge: 561
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Wir wollten von Jena über Dresden fahren. Sind in Jena in die falschen Richtung auf die Bahn. (jetzige A4)
Es wahr überhaupt das erste mal, daß ich auf der Autobahn war. Ich glaube, da war ich 16 oder 17 Jahre alt. Es war ungefähr 1972 !

[Bearbeitet von trabiheizer (16-12-2007 - 10:09)]

icke WES

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Mit Navi wär's nicht passiert.
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