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Autor Thema: Urlaub ´21 - Oma Helga kennt den Weg
Oma Helga Pilot

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Registriert am: 11.10.2004


Die letzten Ersatzteile sind geprüft und Oma Helga wurde nochmal abgeschmiert, sie ist prinzipiell fertig für die Urlaubsreise. Das trifft sich ganz gut, denn irgendwie fühle ich mich auch zur Zeit ein wenig urlaubsreif Und weil es meinen Mädels nicht besser geht, kommen sie einfach mit.

Es geht endlich mal wieder nach Korfu, viel zu lange war ich nicht mehr dort – nicht nur wegen dieser allgegenwärtigen Seuchenplage. Zwischenzeitlich habe ich auch Rhodos wirklich lieb gewonnen, es ergab sich einfach, weil ich vor vielen Jahren wegen der Leibhaftigen dort buchstäblich gelandet und in den letzten Jahren immer wieder zurückgekommen war. Die Vorbereitungen zu dieser, jetzt aktuellen Reise begannen tatsächlich schon vor zwei Jahren. Im Sommer 19 wollte ich eigentlich eine Tour durch Norditalien mit meinen Mädels im Trabant unternehmen, um einfach mal zu schauen, ob eine solche Reise überhaupt für die Kinder … was ist, ob sie an dieser Art zu Reisen Gefallen finden könnten. Ein Jahr später sollte es dann gegebenenfalls mit Oma Helga nach Korfu gehen. Es kam anders. Wenige Tage vor dem Start nach Italien offenbarte Oma Helga den fachkundigen Blicken von Chris einen gravierenden Fahrwerksschaden. An der Glocke, dort, wo der rechte Dreieckslenker an der Fahrzeugseite mit dem Fahrzeugboden befestigt ist hatte sie eine beachtliche Durchrostung. Das Ersatzteil war damals nicht gleich zur Hand, ein Werkstatttermin zum Einschweißen der Glocke ebenso wenig. Zwei Tage später hatte ich die Tour abgehakt und eine Flugreise nach Rhodos gebucht. Nur um einen Tag vor der Abreise einen begeisterten Werkstattmeister am Telefon zu haben, der mir ehrlich erfreut die Nachricht überbrachte, dass man es doch noch geschafft habe: Ich konnte Oma Helga an einen sommerlichen Freitagnachmittag frisch geschweißt, Hohlraumkonserviert und grundiert aus seiner Werkstatt zu einem fairen Preis abholen. Aber nun war´s zu spät …

Im letzten Jahr hatte ich diese Italientour, auf die im übrigen meine kleine Anna gekommen ist, nachdem sie im Trabantclub mal einen Dia, - ähem Beamerabend über eine Urlaubsreise von Chris nach Tunesien (?) begeistert erlebt hatte, noch mal kurz im Sinn, aber pfffffff, diese Seuche überall … den Urlaub letztes Jahr verbrachte ich zumeist daheim. Dieses Jahr musste es dann sein, meine Mädels werden älter und größer, wer weiß, wie lange sie überhaupt noch Urlaub mit mir, geschweige denn im Trabant machen wollen. Im Dezember letzten Jahres begannen dann die konkreten Vorbereitungen, was dann kam, war mitunter zum Haareraufen. Noch nie hatte ich derart viele Probleme bei der Vorbereitung einer Tour wie bei dieser Urlaubsreise.

Die Bestätigung meiner Firma, dass ich schon vor der Zeugnisausgabe Urlaub nehmen musste, lies auf sich warten, war für die Schule der Mädels aber Entscheidungsgrundlage. Ohne Genehmigung der Schule brauchte ich gar nicht daran zu denken, die Fähre zu buchen – die wollte das Geld unverzüglich, änderte aber Monate später das geplante Schiff in ein kleineres und dazu noch den Fahrplan (auf der Heimreise um einen ganzen Tag nach hinten … ) und gab mir zu verstehen, dass meine gebuchte Kabine nicht garantiert werden kann. Spiridoula hat sich knapp dreißig Jahre lang um Unterkünfte und alles Drumherum für Urlauber gekümmert – ich rief sie an und erfuhr, dass sie seit einem Unfall solche Sachen nicht mehr schafft, Airbnb und Konsorten sollten mir, so sagte sie mir telefonisch, bestimmt weiterhelfen. Eine Unterkunft fand ich dann einige Tage später – zu einem fairen Preis und halbwegs dort, wo ich in vor Jahren immer gerne meinen Urlaub verbrachte. Im April meldete sich just an dem Tag, an dem der Motor von Oma Helga das zeitliche weitestgehend segnete, die Reederei um mir per SMS in italienisch mitzuteilen, dass die Abreise erst einen Tag später erfolgt. Ich frag mich heute noch, was die für eine Vorstellung von meinem Verhältnis zu meinem Chef haben. Die gebuchte Unterkunft war inzwischen nicht mehr für diesen einen Tag länger zu haben, eine andere Unterkunft für einen Tag zwar schnell gebucht, aber zwei Wochen später dann vom Anbieter wieder wegen der kurzen Buchungsdauer Bleibe für diesen letzten Tag gefunden.

Anstrengend sind auch die gegenwärtigen Bestimmungen von Italien und Griechenland. Im Transit geht es mit Österreich noch recht problemlos, Italien erwartet genauso wie Griechenland aber eine Onlineanmeldung, die Griechen dazu noch einen negativen PCR – Test für meine ungeimpften Mädels. Nicht älter als 72 Stunden sollte der sein und muss daher unterwegs erledigt werden – Wo geht das und wie bekomme ich das Ergebnis unterwegs? Fragen über Fragen. Italien begeistert mich zwar ohne PCR – Test, erwartet aber eine Extra – Anmeldung für Südtirol und winkt mit einem Ausgehverbot bei steigender Inzidenz. Fahrten über die Autobahn zu touristischen Zwecken bei Nacht eingeschlossen. Ich kotz im Strahl, wenn die Deltavariante weiter grassiert.

Aber es gab auch reichlich angenehmere Sachen: Dank Hegau schlägt ein frisches Herz unter Oma Helgas Motorhaube, Toni setzte mir einen Anlasser instand und Chris war immer da, wenn ich ihn mal brauchte. Gerne hätte ich ihn zusammengefaltet als Reparaturservice im Kofferraum mitgenommen, aber seine Tochter hätte mich dann wohl nicht mehr gern gehabt . Tatsächlich ist es meine erste große Tour mit Oma Helga ohne Netz und doppelten Boden. Gelegentlich lässt mich dieser Umstand etwas schlechter schlafen.

In erster Linie freue ich mich aber auf die Tour, auf das Timmelsjoch, das sich seit dem letzten Mal augenscheinlich mächtig verändert hat. Auf die Fährpassagen und vor allem meine „meine zweite Heimat“ Korfu. A bissel schee isses do … am 20. geht’s los

Idyllisch ist es auf Korfu … und es gibt Leute, die finden auf dem Bild auch einen Platz für ihren Chef …

trabi

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Oh! Da freu' ich mich für Dich mit und hoffe egoistisch, dass Du hier viel berichtest. So Reiseberichte gab es schon viel zu lange nicht mehr.

Chris601

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Gute Fahrt auch von mir! Ich bin sehr gespannt, wie es wird. So ganz alleine mit den Kindern im Gepäck ist das schpon was anderes. Aber in den vergangenen Jahren hast du ja schon Einiges gelernt. Werkzeug und Ersatzteile sind im Gepäck, das Auto steht gut da. Das wird schon!
Ich komme am 19. aus dem Urlaub wieder, da können wir kurzfristig nochmal gucken, ob du dir doch noch ein Ersatzteil von mir ausleihen kannst.
Hegautrabi

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Auch ich wünsche euch eine gute Fahrt und viel Spaß im Urlaub.
Auf einen Reisebericht freue ich mich schon, vielleicht kommt von mir auch mal wieder einer. Wir brechen am 11.07. auf.
Beppo

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Ich wünsche ebenfalls angenehme Reise, keine Probleme und schönen Urlaub. Auch wenn es erst in 2 Wochen losgeht.

Bin auf Bericht und Bilder gespannt.

Elfriedewilli

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Ja, Bilder wären schön. Reiseberichte fehlen irgendwie und sind immer sehr interessant. Auch ich wünsche Dir/Euch einen schönen Urlaub und eine gute (stressfreie) Reise ohne Pannen und sonstigen Katastrophen
Oma Helga Pilot

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Allerbesten Dank für die vielen gedrückten Daumen, die werden sicher bei der Tour Oma Helga helfen durchzuhalten .
Chris, bei Dir melde ich mich sicher nochmal, ich find mein Spannband für den Lüfter nicht mehr und Deinen HBZ würde ich für alle Fälle auch gern mitnehmen.

Den frischen Vergaser von Hegau - besten Dank für das Teil an dieser Stelle ganz weeeeeeeit in den Süden des Landes an dieser Stelle nochmal - hab ich eben schön eingewickelt, damit ihm während der Fahrt nix passiert. Er liegt übrigens nun dort, wo mal eine braune Werkzeugtasche hinsollte

Über die Reise schreib ich garantiert an dieser Stelle, auch von unterwegs. Das ist heute ja viel einfacher als bei der letzten Tour. Und keine Frage, ich lese Reiseberichte genauso gern, also, allen die in den nächsten Wochen unterwegs sind eine pannen- und unfallfreie, richtig gute und schöne Reise. Und wenn ihr wieder hier seid: haut in die Tasten .

[Bearbeitet von Oma Helga Pilot (07-07-2021 - 19:09)]

Andi

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Ja, dann drücken auch die Österreicher die Daumen und wünschen eine Gute Reise mit Oma Helga und einen erholsamen Urlaub. Kommt gut und Pannenfrei und gesund wieder heim und falls es doch mal was geben könnte wo Hilfe benötigt wird eventuell in Österreich lasst es mich wissen. In Österreich gibt es mehr Trabifahrer als man denkt

Gruß Andi

Oma Helga Pilot

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Es wird langsam ernst … die Abfahrt ist nicht mehr lang hin. Oma Helga steht frisch geputzt in der Garage, die Flüssigkeitsstände sind nochmal geprüft, eine letzte Spaßrunde am Mittwoch über 100 km zusammen mit meiner Großen brachte rein gar nichts an Besorgnis. Es fehlen noch die Koffer – und die sind weitestgehend fertig gepackt und der Besuch an der Tankstelle vor der Abfahrt, acht, neun Liter Sprit passen noch rein.

Die Checklisten sind soweit auch abgearbeitet, die letzten Stunden in der Firma heute ebenso … naja, nennen wir es mal gearbeitet. Wir sind urlaubsreif und können es kaum erwarten, meine zweite Heimat wiederzusehen. Für´s erste stehen morgen knapp 500 km an, so der Herr Gott will sind wir morgen Abend in Linden in der Nähe von Bad Tölz. Dort habe ich eine Übernachtung für uns in einem kleinen Hotel gebucht, zu Essen gibt’s sicherlich auch dort. Und wenn´s dort auch Steckdosen gibt, dann melde ich mich morgen wieder von dort

Ein Stückchen Weg ist es schon

Beppo

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Sicher seid ihr jetzt schon auf der "Bahn". Meine guten Wünsche begleiten euch!
Oma Helga Pilot

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Etwa zu der Zeit, als Beppo uns seine Wünsche sendete - über die wir uns dann wirklich gefreut haben, waren endlich alle drei Koffer und unzählige Plastetüten mit noch mehr unzähligen Kleinteilen verstaut. Minuten später dann der Roll-Out aus der heimischen Garage. Über Erfurt ging es zunächst die A71 in Richtung Süden, bis in die Nürnberger Gegend dann die A73, ein wenig noch A3 und etwas mehr noch A9 und ab Maching oder wie das heißt dann die letzten gut 100 km über Landstraßen. Gelandet bin ich in der bayerischen Provinz, in Dietramzell und dort im OT Linden.

Die komplette Fahrt über lief Oma Helga wie ein Uhrwerk, nach meinem Empfinden klang sie im Zieleinlauf etwas heiser. Gehetzt habe ich sie nicht, ich suchte mir immer irgendeinen LKW und „hängte“ mich mit etwa 90 Sachen hinten dran. Zehn Sachen mehr wären auf gerader Strecke problemlos drin gewesen.

Wenn auch keine Fotos, so doch aber ein kleines Filmchen habe ich von den zwei „Krümmersuppen – Mahlzeiten“ gemacht. Eine dritte Mahlzeit servierte der Wurger King – das hat man davon, wenn man nach der Wende Kinder in die Welt setzt Wie schon oft von vielen Leuten gesagt, früher war alles besser

Morgen geht es dann in der Frühe wieder zurück nach München, ich hatte in Bad Tölz (das hätte auf dem Weg gelegen) keine Möglichkeit für einen PCR – Test für „Touri´s“ gefunden. Also geht es erst nach München in ein Testzentrum und von dort wieder Richtung Süden in die Berge. Ein kleines Hotel dort ist dann unser Ziel. Das Streckenbild ist übrigens noch aus der Zeit, in der ich dachte, ich könnte uns in Bad Tölz testen lassen …

Oma Helga Pilot

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Wir haben bis eben in München gebraucht, eine Teststation für PCR - Tests zu finden. Die, welche ich daheim im Netz ausfindig gemacht hatte, hat mir pro Nase (wortwörtlich)40,- Doppelmark für eine Apothekentestung mit Zertifikat abgenommen. Also ging es dann rein ins Münchner Innenstadt Getümmel und in der Nähe der Oper ins nächste Testzentrum.

Dort gab´s PCR - Test und die Einladung vorher schnell noch über 200,- Ocken zu überweisen. Geil!

Das Timmelsjoch ist zeitlich nicht mehr zu schaffen, es geht nun über den Brenner. Bilder kommen noch.

Oma Helga Pilot

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Und die zweite Etappe ist nun geschafft. Das Timmelsjoch erschien mir heut Mittag in München, wie schon geschrieben, nicht mehr machbar – abends wollte ich ja unbedingt in Trento sein, weil wir da zwei Zimmer gebucht hatten. Wir sind also über den Brenner gedüst. Das ist freilich unspektakulär, aber auch schön. Den Mädels hat es definitiv gefallen. Und seit der Nürnberger Gegend fällt Oma Helga mit steigender Tendenz auf, das kennen meine Mädels noch gar nicht.

Ein paar klitzekleine Zuwendungen hat Oma Helga heute von mir gebraucht. Bevor wir losfuhren wechselte ich eine Sicherung, weil das rechte Licht nicht ging. Und in Italien bei einer Raucherpause bemerkte ich, dass sich die Schraube von der linken Fensterkurbel lösen wollte. Wenn das so weitergeht, wenn es NUR so weitergeht, dann fühle ich mich happy … gesegnet … vom Glückschwein geknutscht.

Hier bemerkte ich den Freiheitsdrang der Fensterkurbelschraube

Sie liegt schon ordentlich tief … ich fand u.a. Handtaschen im Gepäck der Mädels!!!!

Hier ist der Grund führ den Tiefgang: Hinter dem roten liegen noch zwei Koffer ...

Die Halterung für das Navi ersetzt den Ascher und stammt aus dem Drucker

Die Landschaft änderte sich inzwischen … ins südlichere

Eigentlich wollte ich Rostwurst mit Sauerkraut … die Mädels rebellierten

Morgen geht es dann nochmal knapp 500 km weiter in den Süden. Halb sechs will ich spätestens dort sein wegen dem Check – in für die Fähre.

Dort, wo Ancona steht … da ist der Hafen, da steht hoffentlich irgendein Kahn, der uns nach Korfu bringt

Elfriedewilli

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Wow, das sieht sehr, sehr toll aus.

Ich hab mich derweil mit Fluthilfe beschäftigt und den Skoda Autowagen durch extremste Überladung einen Federbruch verpasst. Aber Dein Reisebericht mit den Fotos war/ist stets eine willkommene Ablenkung um mal wieder was "normales" zu sehen und runter zu kommen nach dem ganzen Chaos hier.

Oma Helga Pilot

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Heute nur ganz kurz, das Netz ist auf dem Kahn zu wacklig. Bei Regen sind wir in Trento losgefahren, haben in zwei Etappen knapp 500 km geschafft. Oma Helga lief wie eine Gõttin über den Asphalt.
Jetzt sind wir auf dem Kahn, die Mädels im Bett und ich bei zwo, drei, vier Heineken... tilt
Elfriedewilli

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Straffe Leistung, Respekt. Weiterhin gute Fahrt zu Wasser und zu Land.
Beppo

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Wenn ich "Kahn" und "wacklig" lese, werde ich schon davon seekrank.

Aber ihr seid ja im Grunde schon fast am Ziel. Je nachdem, wo das Schiff hinfährt.

Jabberwockey

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Grandios: der Neid (nein, nicht die Todsünde, sondern die harmlose, anerkennend seufzende und sich mit und für euch freuende Form) liest mit - irgendwann raffe ich mich hoffentlich auch mal zu solch einer längeren Tour auf

Viele Grüße und gutes Gelingen!
Jabberwockey

Oma Helga Pilot

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Heute nur ganz kurz, das Netz ist auf dem Kahn zu wacklig. Bei Regen sind wir in Trento losgefahren, haben in zwei Etappen knapp 500 km geschafft. Oma Helga lief wie eine Gõttin über den Asphalt.
Jetzt sind wir auf dem Kahn, die Mädels im Bett und ich bei zwo, drei, vier Heineken... tilt
Oma Helga Pilot

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Koffer - Tetris und Schuhplatteln

An diesem Freitagmorgen ist nun die Zeit für einen Rückblick auf die letzten Tage. Seit um sechs bin ich auf den Beinen, sitze am Heck der Fähre in einer nicht ganz so verkeimten Ecke und weiß die Kinder schlafend in der Kabine. Und jetzt, bei Zigaretten und Nescafe kapier ich langsam, dass ich die Hintour wirklich gepackt habe. Ungelogen, im Vorfeld hatte ich mehr Zweifel, als ich nach außen hin kundtat.

Der Morgen der Abreise war schon aus reiner Routine etwas hektisch. Trotz aller Vorbereitung, solch eine Hast gehört wohl dazu. Muss wohl eine Familientradition sein. Abends zuvor hatte ich die Ersatzteile und das Werkzeug eingeladen. Es passte alles links zwischen Ersatzrad und Beplankung. Trotzdem ärgerte ich mich, dass ich zuvor nicht schon einmal zur Probe „Koffer – Tetris“ gespielt hatte. Jetzt musste es so passen. Mit Mühe, aber ohne zu große Not klappte es auch. Die Verabschiedung war schnell über die Bühne gegangen und während auf dem Pilotensessel ein Hauch von Skepsis den ersten Tönen aus dem Maschinenraum lauschte herrschte im Fond die pure, aufgeregte Vorfreude.

Ich reise gern, aber ein Hobby von mir wird Koffer – Tetris nicht werden

Wie schon geschrieben ging es zunächst die A71, später die 73 hinunter nach Süden. Eine erste Pause gönnte ich mir nach etwa eineinhalb Stunden. Dank ihrer Handys war die Zeit für die Mädels wie im Flug vergangen, ich musste ihnen also sagen wie anstrengend die Fahrt für mich wäre. So untermauere ich nämlich meinen Heldenstatus! Früher kannte ich die Strecke nach Ancona auswendig, heute verließ ich mich hier und da doch auf das Navi – das Alter fordert halt auch in der Birne seinen Tribut.

In der Nähe von Würzburg waren die Kinder bei einer Raucherpause im Wagen geblieben und ich registrierte erstmals den Tiefgang des Trabant. Innerlich kopfschüttelnd erinnerte ich mich an unzählige McDonalds Besuche mit den Kindern. Keine Frage, an der Ernährung meiner Mädels muss sich was ändern. Wegen der zahlreichen und teilweise ausgiebigen Pausen kamen wir nach gut sieben Stunden am Abend „Beim Huber“ im OT Linden von Dietramzell in der tiefsten bayerischen Provinz an. Der Huber war zu der Zeit nicht mehr da, die Zimmerschlüssel lagen mit einer kurzen Notiz auf einem Tresen. Einfach und ähm … rustikal und pikobello sauber, so lassen sich die Zimmer am besten beschreiben. Zu Essen gab es hier nichts, ein weiteres Zettelchen verwies aber auf einige Örtlichkeiten in der Nähe mit guter regionaler Kost. Also wieder rein in die Familienlimousine, über einen frisch asphaltierten Radweg in den nächsten Ortsteil und Aha. Heut ist Dienstag und Dienstag gibts hier nix. Mittwoch Früh übrigens auch nix!

Weiter ins nächste Dorf und mit einem ordentlich heiseren Motorsound vor die nächste Schenke gefahren. Dort gabs unter Lindenbäumen Außengastro, es spuilte die Musi un o poar fesche Madel drahdn si im Kroasl num, wenns do kroaftig Burschn in doar Mittn ordntli oaf do Schuh un Hoasn plattln. Das Essen war super, die bayerische Braukunst … holleluja, mei das dreht ja fix in der Birne.

Die Kinder gingen zeitig schlafen – oder pflegten ihren Status auf Insta und sonstwo, während ich nochmal hinunter vor das Haus ging und den ersten Bericht ins Forum setzte. Es dauerte nicht lange und ich kam wegen Oma Helga, die derweil neben meinem Tischl stand, mit anderen Gästen ins Gespräch. Einer von denen erklärte mich zum Kasperl wegen der Tour, wurde aber dankenswerter Weise von der restlichen Truppe mundtot gesabbelt. Richtig begeistert war dann am nächsten Morgen Huberts Sohn? Der hatte wohl Ossis in der fernen Verwandtschaft und kannte sich grob mit der Fahrzeugflotte im ehemals demokratischen Sektor unseres Landes aus. Nebenher wechselte ich vorn rechts die Birne – für nix und ärgerte mich, als ich feststellte, dass ich mir die Fummelei hätte sparen können. Ein erster Blick in den Sicherungskasten hätte genügt.

Getestete Umweltzone

Gegen acht starteten wir und düsten ins Testzentrum nach Ottobrunn. Pünktlich um neun fuhr eine Schickimicki-Lady vor und sperrte die Tür auf. Als sie die Testkids hervorholte und diese mir allzu vertraut vorkamen, fragte ich etwas verunsichert nach PCR – Tests. Von denen nahm ich an, sie letzte Woche hier gebucht und im Voraus bezahlt zu haben. Die gäbe es hier nicht und die vierzig Ocken pro Nase wären fällig, weil dieser Test von qualifizierten Personal vorgenommen würde. Sprachs, deutete auf einen Hocker und schob uns nacheinander das Teststäbchen ganz qualifiziert in die Nase.

Das Ergebnis würden wir per Mail erhalten, nur bringen würde uns das im Ernstfall rein gar nichts. Griechenland verlangt ausdrücklich einen PCR – Test. Und den im Idealfall mit einem negativen Ergebnis. Hier hatte meine Jüngste, Anna, dann die Initiative ergriffen. Während ich noch desillusioniert vor dem Zentrum rumstand, hatte sie ihr Handy zur Hand, suchte ein anderes Testzentrum und passenderweise die Wegbeschreibung in der Münchner Innenstadt dazu. Kurz darauf tuckelten wir im Stop and go von einer Baustelle zur Nächsten und passierten etwas ratlos diese großen Schilder mit dem Hinweis, dass ab hier eine Umweltzone ausgerufen ist. Ja gut, dann wollen wir doch mal testen, ob so eine Zone mit unserer Zweitaktfahne fertig wird. Hinter mir, auf der zweiten Spur ein Bentley. Also an der roten Ampel rauf aufs Gas und und kurz mit dem Choke gespielt. Da schau her – es passiert nix. Die Lady greift nicht zum Handy, sie ruft keine Polizei. Und der bayerische Himmel schaut noch genauso blau aus wie zuvor. Passt also, Test bestanden.

Eine gute halbe Stunde später steht Oma Helga dann in einem Parkhaus an der Münchner Oper. Dort gab es Testmöglichkeiten für Schnell- & PCR – Test ohne Anmeldung und … gegen eine satte Gebühr. Die Anmeldung ging nur mit einer schnell installierten App, als ich mein Handy zeigte … war das Fassungslosigkeit oder Mitleid in den Augen des Personals dort?

In der Nähe der Münchner Oper

Anna meldete mich mit ihrem Handy an und eine halbe Stunde später standen wir wieder auf der Straße. Wieder ging es durch die Umweltzone, diesmal an einer grinsenden Polizeitreife vorbei in Richtung Autobahn. An einer Tanke am Ortsrand pausierten wir noch zum Tanken, Pullern und – weil es inzwischen Mittag war – zum vespern. Das Timmelsjoch hatte sich nun erledigt. Ich wollte wirklich nicht erst um acht, neun Uhr abends in Trento ankommen. Jana war schon geknickt, sie hatte sich, nachdem ich von dieser Passstraße so geschwärmt hatte, schon auf diese dort Bergpanoramen gefreut. Anna war es egal, Hauptsache Netzabdeckung, den Eindruck hatte ich jedenfalls.

Oma Helga lief wieder wie ein Schweizer Uhrwerk. Österreich hatten wir zügig hinter uns gebracht, wir hatten reichlich Verkehr auf der Bahn, aber keinen Stau. Und irgendwann kamen die ersten richtigen Berge in den Blick. „Ist das Schnee da oben?“ fragte meine Große. „Jepp, ist es.“ Auch Anna legte nun ihr Handy weg und beiden gefiel augenscheinlich, was sie aus dem Fenster sahen. Da wir nun zügiger voran kamen als am Timmelsjoch legten wir reichlich Pausen ein und während einer dieser Stopps fiel mir die lose Schraube an meiner Fensterkurbel auf. Trotz der Pausen waren wir schon gegen fünf am Hotel. Auch hier waren die Zimmer tip top, meine Mädels und ich freuten uns auf die Duschen. Am Abend suchten wir uns dann was zum Essen und waren uns sicher, das Dr. Öttker keine Pizza backen kann. Egal wie bunt die Verpackung ist.

In Österreich kamen die Berge … am Brenner freilich in der Light - Version

Zitronencreme und Wählscheiben am Telefon

In der Nacht hat es dann recht kräftig geregnet, die Mädels erzählten beim Frühstück auch von Blitz und Donner. Da sie meine nächtlichen Furze unter der Decke in ihrem Zimmer nicht gehört haben können, wird’s wohl schon ein Gewitter gewesen sein. Als ich morgens dann in den Kofferraum sah, musste ich feststellen, dass es rein geregnet hatte und meine lange Jeans nass geworden war. Das überraschte mich doch ein wenig, seit dem Neuaufbau war Oma Helga schon einige Male im Regen unterwegs und dabei immer dicht geblieben. Die Hose würde unterwegs schon trocknen, also ab zum Frühstück.

Andere Länder, andere Sitten. Freundlich wurden wir von der Rezeption in Empfang genommen und zum gedeckten Tisch im Speiseraum geleitet. „Kaffee, Tee? Das gibt es hier an der Maschine. Für die Kinder Saft? Nein? Wasser? Natürlich.“ Bis hier hin hatte der gute Mann alles richtig gemacht. „Was darf ich zum Frühstück anbieten? Wir haben Zitronencremetorte und einen ausgezeichneten Schokokuchen …“. Über meinem grauen Haupt blinkten drei Fragezeichen. Ich bin ja schon einiges gewöhnt, mir wurde auch schon ein Algen – Protein – Drink als vollwertige Mahlzeit versucht zu deklarieren, aber Himmel und Herrgott, gab´s denn hier kein Fleisch? Meinen Mädels ging es ähnlich, fragend schauten erst wir den netten Herrn und dann uns an. Irgendwann sammelte ich mich, kramte die wichtigsten italienischen Worte hervor und fragte nach Prosciutto, Salami und Formagio. Der Herr schien etwas enttäuscht, zog sich mit einem kurzen „Si, si“ zurück und redete beim Hinausgehen irgendwas von „Tedeski“.

Ja, wir sind Deutsche, wir haben Goethe, können seit Jahren keinen ordentlichen Fußball mehr spielen und fahren zuweilen mit lustigen kleinen Autos in den Urlaub. Und für all das und noch mehr brauchen wir Fleisch! Das kam dann wenig später. Nett angerichtet und mit ganz kleinen Brötchen aller Art serviert. Gracias.

Kurz vor neun starteten wir das Triebwerk. Dieses Mal hielten wir uns nicht groß mit Pausen auf, auch die Kinder wollten die Fähre nicht verpassen und die Gegend von Bolognia ist für ihre Staugefahr gut bekannt. Mit über 250 km an einem Stück bin ich wohl eine der längsten Etappen am Stück gefahren. Oma Helga wurde nun immer öfter zu einer kleinen Auffälligkeit auf der Piste. Dabei waren es bei weitem nicht nur Deutsche, die uns anhupten und grüßten. Etliche Italiener und Franzosen waren auch dabei. Um Bolognia herum ging es stellenweise nur zähfließend, hier und da gab es auch wegen Baustellen ein, zwei kurze Staus. Aber im Großen und Ganzen lief die Tour – und der Wagen. Beinahe am Ziel angekommen bemerkte ich, dass mein Windabweiser erst das Moosgummi im Fensterrahmen heraus drückte und dann selbst nach der Freiheit strebte. Wegen der Wärme hatten wir beide Fenster eine Handbreit geöffnet, es wedelte ordentlich durch die beiden Fensterspalten. Bei Tempo 90 auf der Autobahn kann solch ein Malheur während der Fahrt behoben werden, der Abweiser wurde schnell gesichert und verbrachte den Rest der Fahrt auf der Ablage.

Gegen drei passierten wir die Tankstelle, an der Oma Helga 2004 auf dem Heimweg liegen geblieben war und einen Ersatzmotor bekam. Gerade wollte ich meinen Kindern mal von dieser Geschichte erzählen … „Paaaapa, das kennen wir doch. Sechs Stunden habt ihr gebraucht … Und der Tankstellenmann kam mit einer Espressotasse in der Hand vorbei.“ . Wenn die eigenen Kinder eine der epochalsten Episoden meiner Biografie mit einem Augenrollen quittieren … tsssss … ich weiß nicht, das ist irgendwie kein gutes Gefühl Halb vier stand ich dann vor dem Check – In von MINOAN LINES. Die digitale Anmeldung für Griechenland hatte ich schon daheim erledigt, die Bestätigung der griechischen Behörde auf dem Laptop gespeichert. Jetzt scannten die Damen vom Check-In immer den dazugehörigen QR-Code vom Display ab. Jeder andere Fahrgast schiebt also sein Telefon durch einen Schlitz in der Scheibe und gut ist. Mein Telefon weigert sich bauartbedingt, PDF´s anzuzeigen und mein Laptop passt nicht durch den Schlitz.

Die Dame vor mir und die Leute hinter mir in der Schlange hatten für mein Dilemma in etwa das Verständnis wie ich für fleischlose Mahlzeiten. Wieder war es Anna, die mir helfend beistand. Nicht ohne den dezenten Hinweis, dass sie nur noch sechs Prozent Akku hat. Schnell war die betreffende Mail an sie weitergeleitet und in ihrem Handy geöffnet. Wieder rein, wieder angestellt und endlich wie alle anderen ein richtiges Smartphone durch den Schlitz geschoben. Was sind das nur für Zeiten und was zur Hölle gab es eigentlich an Wählscheiben beim Telefon auszusetzen, hä?

Warten neben der Fähre

Social Distancing

Nach der Hektik suchten wir uns an einem Imbiss ein schattiges Plätzchen. Wir bestellten Hamburger und Cola und ich verschob gedanklich die Beendigung der Mast meiner Kinder auf einen späteren Zeitpunkt. Immer wieder zog Oma Helga die Aufmerksamkeit von anderen Passagieren auf sich. Joah, das gefiel nicht nur meinen Mädels. Gegen halb sechs machten wir uns auf den Weg zu Dock 16, dort sollte unser Kahn liegen. Der Hafen von Ancona hat sich zwischenzeitlich ordentlich verändert und die Anfahrt ist dabei nicht einfacher geworden. Mit ratloser Mine am Steuer stand ich nach einer Weile des Suchens einem Zollbeamten in dessen Panda gegenüber. Ganz höflich fragte ich nach Dock 16 und gleich darauf durften wir ihm folgen. Es war noch ein ordentliches Stück bis dahin aber endlich standen wir neben der M / N Venezia. Die Mädels waren begeistert, meine Freude fand bei dem Anblick zügig ihre Grenzen und ich zum Gebet. Das war nun wirklich nicht das, was ich gebucht, bezahlt und mir für den Urlaub gewünscht hatte. Seine vierzig Jahre sah man dem Boot an jeder Stelle schon von außen an und wie zum Hohn legte am Dock daneben ein moderneres Schiff der ANEK LINE an. Mit umstehenden Passagieren kamen wir schnell ins Gespräch, sie berichteten von den gleichen Problemen mit den Buchungen wie ich sie erlebt habe. Zwei Motoradfahrern war die gebuchte Kabine komplett gestrichen worden, sie wollten sich die Zeit der Passage daher an der Bar vertreiben. Beide fuhren sie eine BMW, die Maschinen sahen derart wuchtig aus, dass deren Anlasser sicher mehr PS als Oma Helga haben.

Mit etwas Verspätung konnten wir als so ziemlich letzte Fracht an Bord, zwei von den Einweisern hoben dabei freundlich die Daumen. Das Gepäck für die Fahrt hatten wir schon in Trient in handliche Rucksäcke verstaut und so ging es ohne große Umstände durch ein Treppenhaus von der Garage hoch zur Rezeption. Okay, die Fähre ist uralt, zwischenzeitlich aber augenscheinlich mal renoviert worden. Meine Mädels waren geplättet, eine Atmosphäre wie in einem Hotel hatten sie nicht erwartet. Meine Skepsis hingegen hatte sich noch nicht gelegt, schnell fand ich heraus, dass vieles von dem Glanz inzwischen recht abgegriffen erschien. Mit der Maskenpflicht nahm es an Bord kaum noch einer ernst, vom Personal mal abgesehen. Auf dem Weg zur Kabine kamen uns immer wieder genervte Gesichter entgegen, die irgendwelche Schlafplätze an Deck, ihre Kabinen oder nächsten Angehörigen suchten oder sich auf eine Dusche freuten. Letzteres herrschte als ganz inniges Anliegen auch bei mir vor. Irgendwie klebte alles an mir.

Die Kabine war, nun, ja sie war nicht das, was ich gebucht hatte. Aber sie war besser als befürchtet. Etwas größer als gedacht, mit einem Fenster, sieh an, etwas moderner als gedacht. Nur sauber war sie nicht wirklich. Beim Blick in die Dusche stellte sich mir die Frage nach einer Abwägung zwischen der Belastbarkeit meines Immunsystems und dem garantierten Social Distancing für den Fall, dass ich ungeduscht bleibe. Es bewies sich, dass ich ein feiger Hund bin, ich wollte weiter leben und stellte mich nicht in die Dusche. Laut der Beschilderung soll die Fähre nur zu 50 % belegt sein – wegen Corona. Das wage ich zu bezweifeln. Wo nur irgendeine Gelegenheit zum Sitzen oder Liegen ist, aber auch in den Gängen, überall campieren die hauptsächlich Jugendlich, gelegentlich auch ganze Familien. Im Restaurant gibt es kaum Platz zum Essen, weil überall Koffer rumstehen und Stühle mit Leuten, die dort die Fährpassage verbringen wollen oder irgendwelchem Handgepäck belegt sind. Und überall dieser Dreck, schön ist definitiv etwas anderes.

Vor dreißig Jahren machte ich meine erste Tour mit einer Fähre von Ancona nach Korfu. Damals schlief auch ich mit einem Schlafsack an Deck und erinnere mich noch gerne daran. Die Fähren waren damals sicher nicht besser, als dieser Kahn hier. Dann, knapp zehn Jahre später, modernisierte MINOAN seine Flotte. Es kamen neue Schiffe von norwegischen Werften, die quasi wie Kreuzfahrtschiffe ausgestattet waren und zwischen Italien und Griechenland pendelten. Diese Fahrten habe ich in angenehmster Erinnerung. Da stimmte alles, es gab einfache und verbindliche Buchungen, die Fahrpläne wurden eingehalten und die Schiffe waren ein herrliches Erlebnis. Das mit dem Erleben bietet dieser Kahn hier auch. Nur eben anders. Ganz anders.

Inzwischen ist Albanien an Backbord in Sicht. Und damit nähert sich die Überfahrt dem Ende. Diesem Text hier sollte es nicht anders ergehen. Er ist lang genug und wird erst von Korfu aus online gehen. Hier an Bord fehlt immer noch das Netz.

Ganz zum Schluss

Nach 1438 km Fahrstrecke sind wir gegen sieben am Abend in unserem Quartier angekommen. Gut schaut sie aus, die Oma Helga. Dort an ihrem Stellplatz für die nächsten zwei Wochen


Mehrfaches Edit wegen Tipp-, Foramtierungs- & Rechtschreibfehlern

[Bearbeitet von Oma Helga Pilot (23-07-2021 - 23:26)]

moccafix

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Gute Fahrt für den Rest - das läuft!
Morgen geht es mit dem Camptourist an den Lipnostausee- - die Ostsee wollte uns dieses Jahr nicht (wegen Überfüllung - die können uns mal!). Zugfahrzeug allerdings nur ein T4 von 2001...
Oma Helga Pilot

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Registriert am: 11.10.2004


Dann wünsche ich Euch mal eine richtig gute Fahrt und eine ganz tolle Zeit am Lipnostausee. Ende der 80er hatte es mich mal auf einen Zeltplatz dort verschlagen, es war eine tolle Zeit in einer noch besseren Gegend!
Toni

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Schöner Text, da ist man fast schon mit dabei.
Beppo

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Das mit dem (nicht vorhandenen) Smart- oder I-Phone, Tablet und Schlitz zum durchschieben wäre mir GENAU so auch passiert. Nur ohne Tochter, die Hilfe leistet.
Und die Zustände auf dem Schiff *schauder*

Danke für den gut geschriebenen Bericht und ich wünsche euch schönen Urlaub.

PS: Am Lipno-See scheinen wir alle gewesen zu sein. Den Ort habe ich allerdings vergessen.

Oma Helga Pilot

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Der heutige Tag stand ganz im Zeichen des Ankommens. Auf dem Plan stand von vorn herein erschd mo nüschd. Außer einer Sache: Rein gedanklich gewährte ich sofort bei der ersten Zigarette auf dem Balkon, während mein Blick sich auf dieses wunderbare kleine Kunstwerk der ostdeutschen Formgestaltung hinabsenkte, Oma Helga einen Tag Urlaub. Den hatte sie sich verdient. Bildete ich mir jedenfalls ein. Jedenfalls machte ich mich nach einem späten Frühstück zu Fuß auf den Weg, die umliegende Örtlichkeit zu erkunden und vor allem den kürzesten Weg zum Strand zu finden. Die Mädels wollten nicht mitkommen, als Ausrede verwiesen sie auf die zwei Sonnen, die gefühlt zur Mittagszeit ihr Plansoll übererfüllten.

Eine halbe Stunde später kehrte ich vom Strand zurück ins Dorf, mir lief der Schweiß von der Stirn buchstäblich bis zum Pops hinunter, ich kehrte in die nächstbeste Taverne ein und akklimatisierte erstmal bei einem Frappé. Neben Ouzo ist dieser kalte Kaffee, wenn Milch und Zucker mit drin sind, der Liebling auf griechischen Getränkekarten für mich. Ehe mein Gesicht wieder normale Farbe annahm brauchte ich noch einen zweiten und diese Zeit überbrückte ich damit, Oma Helgas Urlaubsgenehmigung für heute in der Luft zu zerreißen. Der Strand, den ich in Acharavi vorgefunden hatte, war jetzt nicht wirklich so toll. Wenig Sand, eher sehr viel Kiesel und der nicht von der kleinsten Sorte. Ohne Badeschuhe sieht man da beim drüber laufen immer etwas sehr albern aus. Knapp zehn Minuten mit dem Auto entfernt ist der Strand von Almiros und ein kleines Stück weiter der von Agios Spiridon. Beide Strände sind herrlich. Und von Acharavi aus am besten mit einem Kraftwagen zu erreichen…

Wegen der Anstrengung über Mittag legte ich eine kurze Siesta ein und um drei machten wir uns auf den Weg zum Strand. Beim Einparken am Straßenrand sprang unverzüglich ein Grieche von der Liege, kam drei, vier Schritte auf die Straße zu, zeigte auf uns im Trabi und ich hörte nur, wie er unter anderem zwei mal „Μαλάκας“ rief. Jetzt stellten sich mir die Nackenhaare auf, ich hatte noch gar keine Möglichkeit gehabt, ihm irgendwie dumm zu kommen, warum nannte er mich ein Arschloch???? Also raus aus dem Auto, zügig die Distanz zwischen ihm und mir verringert und energisch auf englisch nachgefragt. Er habe damit seinen Kumpel gemeint – dieser bestätigte das – und erzählte noch irgendwas von „… old eastgerman Car“. Mir fiel dazu auch nichts weiter ein, aus dem Kofferraum holten wir unsere Badeklamotten, bezahlten die Liegen und die Schirme und hauten unsere urlaubsreifen Körper in die Fluten.

Sonne, Sand, Mittelmeer in Griechenland, mehr brauch ich nicht

Am Abend machten wir uns mit Oma Helga auf den Weg nach Kassiopi, dort kann man am alten Fischerhafen herrlich die griechische Küche genießen. Meine Mädels verließen sich zu ihrem Nachteil nicht auf meine Empfehlungen und bestellten eine ordinäre Margherita, nach Tzatziki und frischem Brot zur Eröffnung wartete ich dagegen auf ein typisches korfiotisches Fleischgericht: angebratenes, zartes Rindfleisch mit Schalottenzwiebeln,Tomaten und Gewürzen zusammen eine Weile gegart und hier mit Backkartoffeln serviert. Das ganze nennt sich Stifado und ist für mich ein Gaumenorgasmus, den ich daheim irgendwie nicht genauso lecker auf den Teller gezaubert bekomme.

Nach dem Essen zogen wir weiter zu Kostas Bar. Seit Mitte der Neunziger kehre ich hier immer wieder gerne ein, zwischen zehn und elf gab es hier immer für eine Stunde allerbeste Unterhaltung bei traditionellen griechischen Tanzeinlagen. In jedem Urlaub hier bin ich in der Regel zwei, dreimal her gekommen und es war jedes Mal ein toller Abend geworden. Vor drei Jahren hatten meine Kinder die tolle Atmosphäre hier kennengelernt und drängten dann auch darauf, endlich loszugehen, bevor wir keinen Platz mehr bekommen würden. Auf den Weg dorthin sah ich dann schon von weiten, dass wir nicht zu spät dran waren, als wir die kleine Treppe hinaufgingen, sahen wir, dass wir die einzigen Gäste waren. Die Musik laut und wie früher, aber alle Plätze leer und Kostas erst einmal nicht da. Wir setzten uns, bestellten Getränke und warteten. Schnell versicherte ich den Mädels noch, dass es gleich so nach und nach voll werden würde, aber es passierte nichts in der Richtung. Gut zehn Minuten kam dann Kostas, wir begrüßten uns freudig, es folgte ein wenig Smaltalk darüber, wo ich auf Korfu wohne und wie lange ich hier wäre. Und dann erzählte er mir auch schon, dass es dieses Jahr viel zu wenig Gäste hier gäbe und zeigte hinunter auf die Straße. Er hatte recht, ende Juli ist hier eigentlich Hauptsaison und selbst das Restaurant vorhin am Hafen war lediglich zur Hälfte besucht. Ich erinnerte mich, das es früher abends schwierig war, dort einen freien Platz zu finden.

Die Tanzeinlagen gibt es zur Zeit jedenfalls nicht, mit den mickrigen Umsätzen lassen sich die Tänzer nicht bezahlen. Sicher wären es mehr Gäste, würden diese auftreten, aber das Minus wäre unterm Strich noch größer. Während der zwei Stunden, die wir da waren, sind sicher nicht mehr als fünf Bier, drei Cocktails, vier Longdrinks und zwei Cola über den Tresen gegangen, die Zahl der Gäste war echt übersichtlich. Etwas später kam noch einer der Tänzer herein, an den ich mich beim letzten Besuch vor drei Jahren schon erinnerte. Wir plauderten kurz, aber zu bedienen wie früher nach der Show hatte er heute Niemanden mehr. Irgendwann kam Kostas mit einer Runde Kurzen für uns Drei vorbei und wir kamen auf Oma Helga zu sprechen. Einen Trabant kannte er vom Erzählen her nicht, also zeigten wir ihn unsere alte Dame nach dem Abschied und für ein Foto gehörte ihm der Pilotensessel.

Immer den Daumen hoch, so kenne ich Kostas

WW Trabi

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Toller Bericht, @Micha.
Mach bitte weiter.
Hegautrabi

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Ja, danke Micha.
Du schreibst dir aber auch alles von der Seele. Bitte genau so weitermachen!
Beppo

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Genau.
Oma Helga Pilot

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In dem Kreis meiner kleinen Familie ist die liebgewonnene Tradition des gemeinsamen Frühstücks am Sonntagmorgen dabei auszusterben. Oft genug bin ich ja auch Sonntagsfrüh im Dienst, aber selbst wenn ich dann mal zuhause bin, haben die Mädels die Gelegenheit zum Ausschlafen schon im Vorfeld abgenötigt. Efgharisto poly. Und so saß ich auch an diesem Sonntagmorgen allein zu Tisch und stellte fest, dass mir die Übung zum Eierkochen im Topf und eben ohne Eierkocher in den letzten Jahren abhanden gekommen war. Pfui Deibel war das Teil innen noch glibberig. Mir kam der Gedanke, das Teil in die pralle Sonne zu stellen … ich verwarf den Gedanken und machte einen auf Schimanski: Einfach rein in den Hals mit dem Zeug.

Um eins weckte ich Anna und Jana aus einem augenscheinlich komatösen Zustand. Bis sie zu Tisch saßen verging eine halbe Stunde, ehe sie dort fertig waren eine weitere ganze und ehe sie ausgehfertig aus dem Bad kamen hatte ich das Rentenalter beinahe erreicht. Meinen beiden Engeln wollte ich passenderweise die Engelsburg Angelokastro und dazu, so als Tipp, wie ich mir ihr zukünftiges Leben vorstelle, ein wunderschönes Kloster in Paleokastritia zeigen. Diese beiden Orte sind die puren Fotomotive und ich ahnte, dass ich damit den Nerv meiner Mädels vollkommen treffe. Was gibt es für sie denn Besseres, als optisch was hermachende Statusbilder?

Es war später Nachmittag, ehe wir dann endlich im Autowagen saßen. Die Straßen auf Korfu sind nicht allzugut, oft wellig ausgefahren oder mit Löchern und Asphaltflicken versehen, dazu häufig eng und kurvenreich noch dazu. Schweineglatt ist der Straßenbelag noch dazu, wer hier unterwegs ist, tut gut daran, es mit dem Tempo nicht zu übertreiben. Gegen halb sechs kamen wir am Angelokastro an. Es gibt Hinweise, dass auf diesem Felsen schon im 5. oder 6. Jahrhundert eine Befestigungsanlage stand, die dann viel später, so etwa im 14. Jahrhundert in einem guten Zustand von den Venezianern übernommen wurde. Zusammen mit der alten Festung auf der anderen Inselseite in Korfu – Stadt bildete Angelokastro das Rückgrat zur Sicherung der Insel bis in das 18. Jahrhundert hinein.

An dem Felsen hatten sich vor hunderten von Jahren die Türken die Zähne ausgebissen

Prinzipiell kann die Anlage mit Flipflops oder sonst was für Samba-Latschen bestiegen werden. Mit Vernunft hat das freilich wegen der ausgetrampelten Steine und Felsen nichts zu tun. Wer sich dort mit solchen Schuhwerk den Fuß kaputtmacht, braucht gegebenenfalls im Ambulanzwagen nicht mehr auf seinen IQ hinzuweisen. Natürlich bin auch ich jedesmal in billigen Sandalen dort hoch, aber bei mir ist das freilich was ganz anderes. Meine langen Beine verbinden sich permanent mit der Geschicklichkeit einer Bergziege, selbst wenn ich wankend aus einer Kneipe komme

Zur Jahrtausendwende wurde die Anlage restauriert und dabei diese Kapelle wieder aufgebaut

Zurück zu den Venezianern, die hatten die Insel gut vierhundert Jahre lang besetzt, im Großen und Ganzen sich dabei aber zivilisiert benommen. Mit den Italienern haben die Korfioten keine Probleme. An vielen Stellen bis heute sichtbar, haben die Italiener übrigens der Insel ihren Stempel aufgesetzt: Nudeln und Tomatensoßen gehören heute zur korfiotischen Küche genauso wie der Espresso danach oder einfach so zwischendurch. Und noch deutlicher zeigt es sich bei der Architektur in Korfu – Stadt. Apropos Architektur, seit über zwanzig Jahren frage ich mich, was es mit diesen länglichen Vertiefungen bei der Kapelle auf sich hat. Sie sind etwa 30 – 40 cm breit und nicht länger als etwa einen Meter dreißig – vierzig. Für Grabstellen damit zu klein, außerdem macht die Anlage insgesamt eher den Eindruck, als das sie kein ständiger Ort für alltägliches Leben war, eben eine reine Verteidigungsanlage und dort wurde sicher nicht bestattet. Befestigungen für Geschütze scheinen es mir auch nicht gewesen zu sein … die Richtung geht teilweise zur Kapelle und darüber hinaus gepeilt in das Landesinnere. Das würde nicht wirklich Sinn machen. Der zur Anlage gehörenden Beschilderung konnte ich dazu nie was entnehmen, inzwischen ist diese auch arg ramponiert und Personal läuft da oben nicht herum.

Was sind das für Löcher? Ich habe keine Ahnung!

Nach dem Abstieg kehrten wir noch in der Taverne gegenüber dem Eingang zum Angelokastro ein. Erst hatten die Mädels nur Durst und wollten eine Cola, wenig später dann doch Hunger und bestellten sich Carbonara. Mir dagegen hatte es das Sofrito auf der Karte angetan und das kann ich auch aus dieser Taverne nur wärmstens weiterempfehlen. Kurz beschrieben ist es gegartes Kalbsfleisch in einer hellen Soße und unserer Wartezeit entnehme ich, das es frisch zubereitet wurde. Ein plötzliches Krachen schreckte uns beim Essen auf, drei Italiener waren beim Ausparken heftig gegen das neben Oma Helga stehende Auto gefahren, der Sachschaden beim besten Willen nicht zu leugnen. Sie schimpften freilich, stiegen kurz aus und waren dann verschwunden. Da wir gesehen hatten, dass der Wirt das Kennzeichen notiert hatte, hängten wir uns nicht weiter in diese Sache mit hinein.

Es war inzwischen reichlich spät geworden, wir fuhren deshalb am Kloster von Paleo vorbei und machten uns über ein, zwei Umwege auf den Weg zu unserer Urlaubsunterkunft. Während der abendlichen Fahrt in die Nacht hinein bemerkte ich dann, dass irgendetwas mit dem Lenksäulenschalter nicht stimmt. Zum Auf- und Abblenden muss der wesentlich energischer betätigt werden … das werde ich mal im Auge behalten.

Ein typisches Suchbild: Wo steht Oma Helga?

Edit wegen Tipp- und Formulierungsfehlern

[Bearbeitet von Oma Helga Pilot (25-07-2021 - 22:12)]

Beppo

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quote:
Meinen beiden Engeln wollte ich passenderweise die Engelsburg Angelokastro und dazu, so als Tipp, wie ich mir ihr zukünftiges Leben vorstelle, ein wunderschönes Kloster in Paleokastritia zeigen.

Nun ja, ich kann dich verstehen. Aber wie du gemerkt hast, hat selbst die Besichtigung schon nicht geklappt. Ein Zeichen.

Oma Helga konnte ich auf dem Foto mittig erkennen, aber nur an der Farbe. Schöner Parkplatz.

Wegen des Lenksäulenschalters bitte keine Gewalt anwenden. Ich glaube, mich dunkel erinnern zu können, dass dessen Befestigung sich lockern kann und dann genau dieses Symptom auftritt. Aber ohne Gewähr.
Vielleicht hat noch jemand anders eine Idee dazu?

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